Die Diagnose

Was ist das – Milchstau?

Im Oktober 2020 ertastete ich in meiner linken Brust eine Verhärtung von der ich dachte, es sei Milchstau. Meine Tochter war damals 7 Monate alt. Seltsam war nur – Es tat nicht weh. Wer schon einmal einen Milchstau hatte weiß, dass das wahnsinnig schmerzhaft sein kann. Außerdem war es nicht rot oder heiß und die üblichen Methoden (wärme vorm Stillen, Kälte danach, ausstreichen, Ruhe usw.) brachten nichts. Ich hatte kein Fieber oder sonstiges Unwohlsein (was beim Milchstau damals der Fall war).  Es tat weiterhin nicht weh, wuchs aber. Schnell war es so groß, wie ein Flummy. Also ging ich zu meinem Gynäkologen. Ich hatte nur einen Kaffee getrunken, den großen schnell in die Kita gebracht und machte mich mit der Kleinen auf den Weg. Auf dem Ultraschall erkannte man eine Zyste. Kein Problem sagte Dr. Özkan – bester Frauenarzt überhaupt! – das punktiere ich eben. Gesagt, getan. Spritze in die Brust – mein Pulp Fiction Moment. Mir wurde schwarz vor Augen und als nächstes Wache ich mit dröhnendem Kopf auf. Du bist umgekippt. Oha. Geh nie ohne Frühstück aus dem Hause…naja. Also in den CTG Raum und auf die Liege erstmal einen Apfel essen und ein Glas Wasser und die Kleine auf der Seite stillen, die nicht punktiert wurde. Dann wurde mir übel. Sehr übel. Ich hab mir eine von den Pappnierenschalen geschnappt. Hallo sagte der Apfel. Da bin ich wieder und das Wasser hab ich auch mitgebracht.

Die Kleine in den Maxi Cosi, mich wieder saubermachen und bloß raus an die frische Luft. Im Fahrstuhl musste ich mir das Spucktuch der Kleinen leihen. Die frische Luft tat gut, aber im Auto hab ich mich hinten zur Kleinen gesetzt, die Schuhe ausgezogen und meinen Mann angerufen: ‚Schatzi, hol mich bitte ab. Ich kann nicht fahren.‘ Dann wurde mir wieder übel. Als Schatzi mit einem Car2Go kam, stand ich auf Socken, mit einer Hand am Auto abgestützt, mit der anderen meine Haare haltend, spuckend da…

Die punktierte Flüssigkeit wurde eingeschickt und der Bericht der Pathologie besagte: ‚Karzinomverdächtige Zellen kommen nicht vor.‘ Das war Mitte Oktober 2019.

 

Der Flummy ist zurück…erschreckende Diagnose im Brustzentrum

Ein paar Wochen später, war der Flummy wieder da und ging langsam Richtung Golfball, also wieder hin und dieses Mal sah ich in der Zyste ein wenig helles Gewebe. Dr. Özkan machte mir keine Angst, sondern sagte nur, dass er mich ans Brustzentrum zu einem tollen Kollegen überweist. Der soll sich die Zyste mal anschauen. Vielleicht operieren sie sie sogar raus, damit sie nicht immer wiederkommt. Okay. Das war im Dezember. Den Termin im Brustzentrum bekam ich erst für Anfang Januar.

Im Januar im Brustzentrum wurde die Brust geschallt. Wieder mehr Gewebe in der Zyste und auch der Lymphknoten war auffällig. Auch da habe ich mir noch nichts gedacht und auch keiner Panik gemacht. Die Ärztin: ‚..der Ablauf ist wie folgt: sie machen eine Mammographie, dann eine Biopsie und dann sprechen wir wieder.‘ Das ist der normale Ablauf. Keiner machte mir Panik. Also zur Mammographie und als die Ärztin mir aber viele Fragen stellte und ein besorgtes Gesicht machte, war ich schon nervös. Die Biopsie war an einem Dienstag und das Ergebnis sollte bis Freitag da sein. Als es nicht dort war, googelte ich, wie lange das UKE für eine solche Untersuchung braucht. Als ich folgendes las:

  • Stanz- und Vakuumbiopsien: 1 Werktag
  • Operationspräparate: 2 Werktage
  • Bestimmung prädiktiver Marker (ER, PR, HER2) bei Karzinomdiagnose: 2-3 Werktage

Die Laufzeit kann sich bei komplexeren Veränderungen, die zur Klärung immunhistochemische Untersuchungen erfordern, etwas verlängern.

war mir klar, dass etwas nicht stimmt und rief im Brustzentrum an. Wir bekamen für Montag direkt einen Termin. Wie sich das Wochenende anfühlte, könnt ihr euch vorstellen. Am Montag waren alle sehr ernst und ich habe mir folgende Notiz, als Nachricht für meine Familie und Freunde ins Handy geschrieben:

Teil 1 der Nachricht..
Nachricht Teil 2

Nochmal Biopsie und die finale Diagnose: TNBC

Nachdem sie die Gebärmutter ausschließen konnten, wollten sie die Brust erneut biopsieren. War mir nur Recht. Hauptsache eine Diagnose erstellen können. Nach weiteren Tagen der Unsicherheit war klar – es ist Brustkrebs und so schräg es klingt – wir waren froh, dass es kein anderes Organ betraf, weil es gut zu behandeln war. Allerdings war es TNBC, also Triple negativer Brustkrebs.

Hier ein kleiner Ausschnitt zu TNBC: TNBC machen 10-15% der Mammakarzinome aus und fallen durch aggressives und rapides Wachstum auf [11-15]. Besonders in den ersten fünf Jahren nach Diagnose gilt der 5 Hormonrezeptorstatus als prognosebestimmend [16]. Für TNBC-Patientinnen wird insgesamt eine schlechtere Prognose beschrieben als für jene mit NTNBC [7, 8, 11, 17-19]. Dies gilt sowohl für das Disease-Free Survival (DFS) als auch für das Gesamtüberleben [15, 20]. Triple-negative Karzinome führen in der Regel schneller zu Rezidiven und zum Tod [9, 21-25].

mehr dazu auf: mediaTUM – der Medien- und Publikations­server der Technischen Universität München.

Und während ich das schreibe, 4 Jahre und 8 Monate nach Diagnose Stellung, habe ich einen Kloß im Hals und Tränen in den Augen. Ich freue mich, dass ich das geschafft habe. Es geht mir gut. Ich bin gesund.

Zurück zum Tag der Diagnose: Ich bekam direkt eine komplette DIN A 4 Seite mit Terminen und Ansprechpartnern: Stageing, Screening, Port Legung, Kardiologe usw. Für uns (meinen Mann und mich) wichtigster Termin war der beim Onkologen, genau genommen der Onkologischen Praxis in Pinneberg, bei Dr. med. Timm Leonhardt. Er hat uns direkt klargemacht, dass der TNBC und dann auch noch G3 (dazu unten mehr) auf jeden Fall alles an Therapie benötigt, was geht: Chemo, OP und Bestrahlung. Aaaaaaber, danach sollten wir (der Onkologe und ich) uns nie wieder sehen! Außer, wie begegnen uns zufällig auf der Straße.

Hier ein paar Erklärungen zu den einzelnen Begriffen, wenn du magst. (Man lernt ja mehr, als einem lieb ist in dieser Zeit.)

G3: Krebszellen werden in drei verschiedene histologische Grade unterteilt, wobei schlecht differenzierte Zellen (G3) die größten Unterschiede zu gesunden Zellen aufweisen, sie teilen sich schnell, der Krebs wächst aggressiv.

Begriffe, die ich nicht zwingend in meinem Leben hätte lernen wollen…

Szintigraphie
Die Szintigraphie ist ein bildgebendes Verfahren, das häufig in der Krebsdiagnostik eingesetzt wird. Dabei wird eine geringe Menge radioaktiver Substanz in den Körper injiziert. Diese Substanz reichert sich in den Geweben an, die besonders stoffwechselaktiv sind, wie etwa Tumorzellen. Mithilfe einer speziellen Kamera werden diese Bereiche sichtbar gemacht, was hilft, den Tumor oder Metastasen zu lokalisieren und den Grad der Erkrankung besser zu beurteilen.


Kardiologie vor der Chemotherapie
Bevor eine Chemotherapie bei Brustkrebspatientinnen beginnt, ist oft eine kardiologische Untersuchung erforderlich. Dies liegt daran, dass einige Chemotherapeutika das Herz schädigen können. Die Kardiologie untersucht die Herzfunktion, um sicherzustellen, dass das Herz stark genug ist, um die Behandlung zu bewältigen, und um eventuelle Risiken zu minimieren.


Clipmarkierung
Die Clipmarkierung ist ein Verfahren, bei dem ein kleiner Metallclip in den Tumor eingesetzt wird, um seine genaue Position zu markieren. Dies ist besonders wichtig, wenn der Tumor durch Chemotherapie schrumpft und weniger sichtbar wird. Der Clip ermöglicht es Chirurgen, den ursprünglichen Tumorbereich während einer Operation präzise zu identifizieren und zu entfernen.


Screening
Das Screening ist ein vorbeugender medizinischer Test, der durchgeführt wird, um Brustkrebs in einem frühen Stadium zu erkennen, bevor Symptome auftreten. Das gängigste Verfahren ist die Mammographie, bei der Röntgenaufnahmen der Brust gemacht werden. Regelmäßige Screenings erhöhen die Chance, Brustkrebs frühzeitig zu entdecken, wenn er noch gut behandelbar ist.


Staging bei Brustkrebs
Das Staging ist der Prozess, bei dem die Ausbreitung und das Fortschreiten des Brustkrebses im Körper bestimmt werden. Es gibt mehrere Stufen (I bis IV), die den Schweregrad der Erkrankung beschreiben. Das Staging berücksichtigt Faktoren wie Tumorgröße, Befall von Lymphknoten und das Vorhandensein von Metastasen in anderen Körperteilen. Dies hilft den Ärzten, die beste Behandlungsmethode zu planen.

Als nächstes folgte die Chemotherapie.