Wie bewusste Bauchatmung unser Leben verändern kann

Ich atme ein, ich raste aus. Ich liebe diesen Spruch – auch wenn er eigentlich traurig wahr ist. Denn wie oft halten wir im Alltag die Luft an? Wie oft atmen wir flach und hektisch, während wir versuchen, noch dies schnell zu erledigen und das noch zu organisieren? Kein Wunder, dass viele irgendwann das Gefühl haben, gleich zu explodieren.

Wenn wir alle ein bisschen mehr – und vor allem tiefer – atmen würden, sähe die Welt vielleicht anders aus. Ruhiger. Klarer. Freundlicher. Und gesünder.

Was ist Bauchatmung überhaupt?

Die tiefe Bauchatmung – auch Zwerchfellatmung genannt – ist eigentlich unsere natürliche Atmung. Babys machen es ganz automatisch: Beim Einatmen hebt sich der kleine Bauch sanft, beim Ausatmen senkt er sich wieder. Doch mit der Zeit verlernen wir diese gesunde Form der Atmung. Stattdessen atmen viele von uns flach in die Brust, besonders wenn wir gestresst oder angespannt sind.

Bei der Bauchatmung wird das Zwerchfell aktiviert – ein großer Muskel unterhalb der Lunge. Diese Bewegung sorgt dafür, dass sich die Lunge optimal mit Sauerstoff füllen kann, das Herz entlastet wird und sich der ganze Körper beruhigt.

Wichtig: Die Brustatmung ist keineswegs „schlecht“ – sie ist sogar notwendig, z.B. bei körperlicher Anstrengung, wenn unser Sauerstoffbedarf steigt. Ideal ist eine Kombination aus Bauch- und Brustatmung – bewusst tief, ruhig und im Einklang mit der jeweiligen Situation.

Warum tiefes Atmen so gut tut

Wenn wir bewusst und tief in den Bauch atmen, passiert im Körper Erstaunliches:

  • Der Parasympathikus wird aktiviert – unser innerer Entspannungsnerv.
  • Stresshormone wie Cortisol werden abgebaut.
  • Die Lymphzirkulation wird angeregt – wichtig z.B. bei Lipödem oder nach Operationen.
  • Der Blutdruck kann sinken.
  • Die Verdauung wird unterstützt.
  • Die Konzentration steigt.
  • Der Schlaf verbessert sich.

Und das Beste: Bauchatmung kostet nichts, braucht keine Geräte und ist überall möglich – ob auf dem Sofa, im Auto oder beim Einkaufen.

Tief atmen, Lymphe fließen lassen

Was viele nicht wissen: Tiefe Bauchatmung ist auch ein echter Boost fürs Lymphsystem – und damit wichtig für Entgiftung, Immunsystem und Wohlbefinden.

Wenn du tief in den Bauch atmest, bewegt sich das Zwerchfell bei jedem Atemzug wie ein Kolben auf und ab. Dabei entsteht ein sanfter Unterdruck, der die Lymphflüssigkeit aus dem Gewebe in Richtung der großen Lymphbahnen zieht – ich stelle es mir immer vor wie ein Pümpel, der bei jeder Ausatmung etwas mit nach oben nimmt.

Diese Bewegung unterstützt den Abtransport von Stoffwechselprodukten und entlastet das Gewebe – gerade bei Lymphstau, Lipödem oder nach Operationen ein wichtiger Effekt.

Kleine Übung zum Ausprobieren

1-Minuten-Bauchatmung nach der 4-7-8-Methode

Diese einfache Atemtechnik wirkt beruhigend auf dein Nervensystem – und aktiviert gleichzeitig sanft deinen Lymphfluss:

  1. Setz dich bequem hin und leg eine Hand auf deinen Bauch.
  2. Atme durch die Nase 4 Sekunden lang ein.
  3. Halte den Atem 7 Sekunden lang an.
  4. Atme durch den Mund 8 Sekunden lang langsam und hörbar aus.
  5. Wiederhole das Ganze 3–4 Mal (oder so oft es sich gut anfühlt).

Wenn dir das Halten anfangs schwerfällt, kannst du mit kürzeren Intervallen starten – z.B. 3-5-6 – und dich langsam steigern.
Je länger die Ausatmung im Vergleich zur Einatmung ist, desto mehr beruhigt sich dein Nervensystem.

So bringst du Bauchatmung in deinen Alltag

Du brauchst keine Extra-Zeit – nur kleine Momente, in denen du kurz innehalten kannst. Hier ein paar Ideen:

  • Beim Zähneputzen (statt To-do-Listen durchzugehen)
  • Beim Warten an der Ampel
  • Vor einem Gespräch oder Meeting
  • Beim Einschlafen
  • Oder ganz bewusst vor dem ersten Kaffee/beim warmen Wasser am Morgen

Dein Körper wird es dir danken.

Hinweis: Wann Bauchatmung nicht empfohlen wird

In bestimmten Situationen ist vorsichtige Bauchatmung ratsam – z.B. nach Operationen im Bauchraum, bei bestimmten Verletzungen, oder während der Schwangerschaft (besonders in späteren Phasen). Wenn du unsicher bist, sprich vorher mit deiner Ärztin oder deiner Therapeutin.

Fazit: Atmen statt Ausrasten

Atmen ist das Natürlichste der Welt – und gleichzeitig oft das, was wir am meisten vergessen. Dabei liegt in jedem Atemzug die Chance, uns mit uns selbst zu verbinden, Spannung loszulassen und dem Moment wieder näher zu kommen.

Also:
Ich atme ein, ich raste nicht / nur kurz aus.
Ich atme aus – und bin wieder bei mir.