Nach der Diagnose ist vor der Therapie…the only way out is through
Nach der Diagnose ‚Triple negativer Brustkrebs‘ war wie gesagt klar, dass das volle Programm sein muß: Chemo, OP und Bestrahlung. Ich habe vom Brustzentrum direkt eine ganze Seite voller Termine bekommen: Szintigraphie (30.01.20) Blutuntersuchung und EKG (05.02.20) (ob ich fit bin für die Chemo) usw. Das für uns wichtigste war jedoch (wie auch schon bei der Diagnose erwähnt), das Gespräch beim Onkologen am 10.02.20. Am 11.02. folgte das Screening mit Clipmarkierung des Tumors bzw. der Tumore (in der Brust und dem betroffenen Wächterlymphknoten). Am 13.02. das Vor-/Aufklärungsgespräch für den Port und am 17.02. die Portimplantation rechts in LA. Und LA meinte in diesem Fall leider nicht Los Angeles, sondern Lokalanästhesie. Und außer, dass ich durch mehrfache Schulterluxationen (vom Basketball) schon eine OP an der Stelle hatte und der Chirurg somit Probleme hatte, die Wunde wieder zu vernähen, war es für mich gut aushaltbar in LA. Ich hatte aber auch schon genug Vollnarkosen in meinem Leben und wusste ja, es würde noch mindestens Eine folgen, daher wollte ich in diesem Fall eine Vollnarkose vermeiden.
So hatte ich nun also den Port oder wie unser Freund Yasha sagt: die Deluxe Version eines ZVK (zentraler Venenkatheter).
Die ersten 4 Chemos wöchentlich, danach 2 wöchentlich…
Die erste Chemo folgte direkt am 21.02.20, also nur 4 Tage nach Portimplantation. Ich muß sagen, man fühlt sich, wie in einem Film. Das Drehbuch hat man nicht geschrieben und gefühlt kann man auch erstmal nicht viel tun. Aber dann kam Flo, unser Freund, bester DJ und tatsächlich auch: Drehbuchautor und schrieb quasi alles um. Er erzählte mir von der Studie von Dr. med. Annette Jänsch von der Charité in Berlin über das Saftfasten rund um die Chemo. Was ich auf eigene Faust (ja, I know, so etwas nie ohne Rücksprache mit den Ärztinnen) während der ersten 4 Chemos durchzog und mich vergleichsweise gut fühlte. Der Onkologe staunte, wie gut es mir ging, obwohl ich Zitat: ‚das volle Brett‘ bekam. Als die wöchentlichen Chemos bevorstanden, war mir klar, dass ich das nicht weiter durchziehen kann und sollte. (Außerdem gab es auch neuere Studien (s. Interview), die sich schon mit dem Scheinfasten beschäftigen, was mittlerweile viel bekannter ist.) Also rief ich in der Charité an und hatte ein Gespräch mit Dr. med. Jänsch und diese verwies mich an die Ernährungsberaterin, welche mir einen Plan zusammenstellte. Durch diese Umstellung hatte ich nicht nur endlich wieder das Gefühl der Selbstbestimmtheit (seit der Diagnose folgte ich quasi nur dem Plan des Brustzentrums), sondern auch keinerlei Übelkeit und war an 5-6 Tagen soweit fit. Die ansonsten üblichen bzw. möglichen Nebenwirkungen hatte ich trotzdem: es sind alle Haare ausgefallen (am Schlimmsten fand ich hier die Augenbrauen und Wimpern), meine Fingernägel verfärbten sich teilweise und fielen aus. Ich hatte den typischen, metallischen Geschmack im Mund, der einfach nicht weggeht, furztrockene Schleim-/Haut und Polyneuropathie, also das kribbeln in Händen und Füßen. Aaaaaber, ich musste nicht einmal erbrechen. Die bleierne Müdigkeit am Chemotag und der hochrote Kopf kamen unter anderem von den Medikamenten, die gegen die Nebenwirkungen der Chemo helfen sollten, wie zum Beispiel Kortison, welches ich in Absprache aber glücklicherweise runterdrosseln durfte.
Heute können wir keine Chemo machen. Eine Woche Pause…
2 mal kam es vor, dass aufgrund der schlechten Blutwerte keine Chemo gemacht werden konnte. Vor jeder Behandlung wird Blut abgenommen und die Blutwerte in ein Heft eingetragen: HB, Leukozyten und Thrombozyten.
Wie man in dem Bild der Blutwerte erkennt, waren diese vor der Chemo absolut im Normbereich, aber natürlich ist die Chemo Gift und greift nicht nur die Krebszellen an, sondern auch die gesunden Zellen. Das Immunsystem wird sehr geschwächt, weswegen man sich möglichst schützen sollte. Wenn man Fieber oder andere Krankheitssymptome hat, kann und soll man sich sofort beim Onkologen melden. Einer der Ärzte hat immer Notdienst und ist über eine Mobilnummer erreichbar.
Meine Therapie begann im Februar 2020. Und nicht nur das stand uns bevor und machte uns Angst. Krebs, somit die Chemotherapie, ein dadurch geschwächtes Immunsystem – und dann kam Corona. Mitte März gab es den ersten Lockdown.
Der Große durfte nicht in die Kita, alle Konzerte und Festivals wurden abgesagt und somit war auch mein Mann zuhause. Zum Glück waren wir ein halbes Jahr zuvor ‚raus‘ gezogen. Die Schwiegereltern wohnen vorn, wir hinten. Wir kapselten uns ab. Meine Mutter zog bei uns ein und mein Mann kaufte für alle ein. Endzeitstimmung, wie für so viele während dieser Zeit. Uns ging es gut. Wahnsinn, wie es die Menschen geschafft haben, die nicht diese Möglichkeit hatten. Die keine Unterstützung hatten, nicht wirklich rauskonnten. Es waren ja sogar die Spielplätze eine Zeit lang gesperrt.
Zurück zu den Blutwerten. Zur Unterstützung der Herstellung weißer Blutkörperchen, musste ich mir Spritzen geben. Mega – nicht. Aber auch das klappt, wenn es sein muß. Der Onkologe sagte, dass diese Knochenschmerzen verursachen könnten und ich 3 x täglich 2 Paracetamol nehmen soll. Als ich direkt danach mit der Krankenschwester sprach, gab diese mir den Tipp, die Spritze Abends vorm Schlafen zu spritzen. Bestenfalls würde ich eventuelle Schmerzen verschlafen und könnte ansonsten immer noch Paracetamol nehmen. Der Tipp war super hilfreich, wie so viele andere Tipps, dieser wundervollen Krankenschwestern. Ich musste kein Paracetamol nehmen. Jedenfalls nicht deswegen. Leider hatte ich vermehrt Migräne Attacken (mit Aura, s.u.). Dagegen hilft bei mir am besten Ibuprofen (mit Lysin). Leider konnten aber auch die Spritzen die Blutwerte nicht immer so hochtreiben, dass es reichte. Vor der Chemotherapie dachte ich, ist doch okay, wenn eine ausfallen muß. Dann kann ich mich eine Woche mehr ‚erholen‘ und gehe gestärkter in die nächste Runde. Aber es schwang immer mit, dass der Krebs sich auch ‚erholen‘ und wieder wachsen kann. Außerdem zogen sich auch sämtliche Nebenwirkungen weiter. Ich wollte nur fertig werden und endlich die OP haben, damit der Krebs rauskommt.
Migräne hat mir grad noch gefehlt…
Eine der Nebenwirkungen aufgrund des Hormon Chaos war Migräne. Die hat mich mehr ausgeknockt, als alles andere. Ich habe Migräne mit Aura. Es fing also meist mit dem Flimmern an, bis ich kaum noch etwas sehen konnte und wenn ich zu der Zeit keine Tablette nehme, dann kommen nach dem Flimmern die Schmerzen.Wenn ich rechtzeitig eine nehme, ist der Schmerz meist ’nur‘ sehr dumpf und nicht so pochend.
Wenn ich allerdings kein Flimmern habe, sondern nur der Migräne Kopfschmerz sich ankündigt, kann auch mal die Kombi aus Espresso und Zitrone helfen. Und wenn es nur Placebo ist – soll mir recht sein. Schmeckt okay. Kurz nacheinander getrunken gehts besser.
Echthaarband, Mütze oder Glatze?
Wie wahrscheinlich alle, dachte ich, dass meine Haare nicht ausfallen würden. Der Onkologe sagte, dass es ca. 2 Wochen nach der ersten Chemo zum Haarausfall kommt. Ich hatte mir die Haare schon auf Kinnlänge schneiden lassen. Als ich mir am Morgen der 2. Chemo (also genau nach 2 Wochen) die Haare wusch, hatte ich schon büschelweise selbige in der Hand. Doofes Gefühl. Ich musste allerdings lachen, als ich meinen Pony wie immer über die Rundbürste föhnen wollte und dieser dann aber einfach in der Bürste blieb. Ich sah ein bisschen aus, wie ein Kita Kind, das sich selbst frisiert hat. Mein Mann und mein Sohn durften mir dann also den Kopf rasieren. Glatze fand ich nicht so schlimm, solange ich noch Wimpern und Augenbrauen hatte. Bisschen Bad Ass mäßig und – ich weiß, harter Vergleich – aber vom dicken Schwangerschaftsbauch. Jeder Mensch ‚weiß‘ beim Anblick schon, was Phase ist und will meist mal anfassen. Komm – gönnt euch, langt zu. Als die ersten Haare wieder wuchsen, war es ein weicher Flaum.
Das Echthaarband von ‚Weil du schön bist!‚ war toll. Ehrlich gesagt dicker und gesünder, als meine Haare je waren/sind. Aber ich fühlte mich auch immer ein bisschen verkleidet. Ohne etwas auf dem Kopf war es allerdings, je nach Wetter, zu kalt. Ich war also meist ‚oben ohne‘ unterwegs und wenn es mir zu frisch war, mit Mütze.
Als zusätzlich noch die Wimpern und Augenbrauen ausfielen und ich zusehends blasser wurde, sah ich richtig krank aus. Wenn man nachts aufwacht, erschreckt man sich schonmal vor dem eigenen Spiegelbild.
Wegen des Corona Lockdowns, durften die DKMS Kurse mit den Schminktutorials nicht stattfinden. Ich hatte aber das Glück bei Jacks Beautyline einen Live Workshop mit Miriam Jacks zu gewinnen. Wenn ich mir das jetzt anschaue – puh. Da hatte ich einen Laberflash, aber es war auch aufregend und toll. Miriam war super geduldig und ich finde es wahnsinnig toll, was heute aus der Marke geworden ist und dass sie sich so einsetzt.
Die letzte Chemotherapie musste auch ausfallen und wäre es nicht die letzte gewesen, hätte ich Bluttransfusionen bekommen. Zum Glück war das in meinem Fall nicht nötig. Nach der 16. und somit letzten Chemotherapie, sollte ich mich ca. 4 Wochen erholen und dann die OP sein. Leider erholten sich die weißen Blutkörperchen nicht so schnell und die OP musste noch weiter geschoben werden. ‚Aufspritzen‘ wollten sie das Immunsystem nicht. Es sollte sich von allein wieder erholen, denn auch die OP und die anschließende Bestrahlung würden es wieder schwächen.
Also taten wir alles, von dem wir eigentlich alle wissen, dass es gut tut: viel Gemüse und Obst. Vollwert Kost, Bewegung an der frischen Luft, viel Wasser trinken, aber auch Freunde treffen und dann stand die OP an.